Die Studie untersuchte das Konzept der Sektorkopplung anhand von drei konkreten Fallstudien, in denen die Bereitstellung von erneuerbaren „grünen“ Gasen wie Biomethan aus der Abwasser-/Abfallbehandlung oder Wasserstoff aus erneuerbarem Strom im Fokus stand. Mit diesen nachhaltigen gasförmigen Energieträgern können Sektoren wie Mobilität, Gebäude oder Industrie versorgt werden und so ihre Ziele beim Klimaschutz erreichen. Als Fallstudien wurden ein Klärwerk, eine Biogasanlage für Bioabfall sowie ein Gebäude mit Photovoltaikanlage ausgewählt. Für alle Fallstudien wurden verschiedene Szenarien für eine Sektorkopplung entwickelt, technisch ausgelegt und mit realen Betriebsdaten der Standorte für ein Referenzjahr in einem zeitlich hochaufgelösten Energiebilanzmodell abgebildet. Dabei wurden für alle notwendigen Aggregate Leistungsparameter und Auslegungen anhand von Herstellerangaben verwendet. Auf Basis der Ergebnisse der Energiebilanz wurden die Szenarien über eine Treibhausgasbilanz bewertet, um ihren möglichen Beitrag zum Klimaschutz im Vergleich zu einem Referenzszenario (Status quo) zu ermitteln. Für alle Szenarien wurde parallel eine Schätzung der Jahreskosten vorgenommen, die neben Investitionen und Betriebskosten auch die laufenden Energiekosten und -erlöse enthielt. Zur Festlegung der Kostenfaktoren und möglichen Erlöse wurden alle relevanten rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt, sofern sie für den Betrachtungszeitraum absehbar sind.
Die Analyse der Fallstudien ergab, dass Sektorkopplung heute technisch möglich und auch ökologisch sinnvoll für den Klimaschutz ist. Durch den Ersatz fossiler Brennstoffe in den Zielsektoren kann eine deutliche Reduktion der Treibhausgasemissionen erzielt werden, wenn die grünen Gase nicht mehr zur Stromversorgung, sondern primär für andere Bedarfe wie Mobilität oder Wärmeversorgung genutzt werden. Der stetig steigende Anteil an erneuerbaren Quellen bei der Stromversorgung (Wind, Solar) macht die Nutzung von grünen Gasen zur lokalen Stromerzeugung immer weniger effektiv für den Klimaschutz. Die Umwandlung von Strom in grüne Gase („power-to-gas“) lohnt sich dagegen für den Klimaschutz nur, wenn tatsächlich nur Strom aus erneuerbaren Quellen mit geringen THG-Emissionen genutzt wird. Sonst überwiegen die Nachteile der Energieverluste, die bei der Umwandlung auftreten.
Wirtschaftlich lohnt sich die Sektorkopplung momentan nur für Anlagen mit hohem Energieüberschuss (Biogasanlage) und bei hohen Erlösen für die grünen Gase, u.a. als Kraftstoff im Mobilitätssektor. Der hohe Strompreis und die noch relativ geringen Erlöse bei Netzeinspeisung von grünen Gasen machen das Konzept für Anlagen mit hohem Eigenstrombedarf wie Klärwerke (noch) nicht wirtschaftlich. Auch die Umwandlung von Strom in Gas („power-to-gas“) ist nur bei niedrigen Strompreisen und hohen Erlösen für Wasserstoff bzw. Biomethan wirtschaftlich attraktiv. Die aktuellen Regelungen im Energiemarkt begünstigen momentan hohe Strompreise durch Steuern und Abgaben, während der Gaspreis hauptsächlich durch Angebot und Nachfrage geregelt wird. Für die zukünftige Entwicklung der Sektorkopplung sind daher ökologisch sinnvolle und vor allem verlässliche Regelungen am Energiemarkt von großer Bedeutung, gerade wenn es um die Steuer- und Abgabenlast auf Energieträger oder die nachhaltige Zertifizierung der grünen Gase geht.
Die Sektorkopplung über die Nutzung von Biomethan oder grünem Wasserstoff aus Klärwerken und Biogasanlagen bietet somit ein Potential für den Klimaschutz der Stadt Berlin. Der mögliche Beitrag aus diesen Anlagen in Berlin ist jedoch im Verhältnis zum Endenergiebedarf der Stadt für Kraftstoff bzw. Erdgas gering (<1%). Selbst wenn alle Biogasanlagen in Brandenburg einbezogen werden, beträgt die Energiemenge des Biomethans nur etwa 13% des Erdgasbedarfs bzw. 28% des Kraftstoffbedarfs von Berlin. Dennoch wird eine Umsetzung der Sektorkopplung für die Standorte mit Biogasanfall zukünftig empfohlen, da zur Erreichung der ambitionierten Klimaschutzziele Berlins alle Beiträge wichtig sein werden.