Die negativen Auswirkungen klimawandelbedingter Wetterextreme sind besonders in Städten ausgeprägt. Hohe Flächenversiegelungsgrade und Bebauungsdichten verschärfen das Überflutungsrisiko durch Starkregen und die Bildung sommerlicher Hitzeinseln.
Im Projekt AMAREX wurden deshalb über 3 ½ Jahre Beiträge des Regenwassermanagements auf Klimaanpassung untersucht, im Verbund mit Projektpartnern aus Forschung und Praxis und in enger Zusammenarbeit mit den Partnerstädten Köln und Berlin. Projektergebnisse zeigen u.a.:
Blau-grüne Infrastrukturen (BGI) besitzen ein hohes Potenzial Auswirkungen klimawandelbedingter Wetterextreme abzumildern – allerdings unter der Bedingung einer großflächigen Umsetzung.
Eine Erweiterung des Designs von BGI kann ihre Effekte für Überflutungsvorsorge oder Dürrevorsorge steigern, man muss sich aber für einen Effekt entscheiden.
Überflutungsvorsorge bei Extremereignissen kann nicht alleine durch BGI erfolgen, flankierende Maßnahmen, insbesondere zum Überflutungsschutz und zur Risikokommunikation sind unerlässlich.
Die Abweichung vom lokalen, natürlichen Wasserhaushalt bildet einen Indikator, der einfach berechnet werden kann und dadurch als strategische Planungsgröße geeignet ist. Im Projekt wurde dafür das Modell ABIMO weiterentwickelt und prototypisch in ein Webtool integriert.
Die Ergebnisse des Gesamtprojektes können über die Projektwebseite abgerufen werden. Die wichtigsten Ergebnisse der KWB-Arbeiten zum Thema Wasserhaushalt werden in der Folge kurz gezeigt.
Abweichung vom natürlichen Wasserhaushalt als Indikator für die Planung?
Städte führen zu einer deutlichen Veränderung des lokalen Wasserhaushaltes. Im Vergleich zu der natürlichen Situation steigt im urbanen Fall die Abflusskomponente stark an, zu Lasten der Verdunstung:
Dieser veränderte Wasserhaushalt ist eine Hauptursache für Gewässerbelastung und Überflutung, sowie für Trockenheit und Hitzeinseln in Städten. Als Planungsziel für die Klimaanpassung wird die Annäherung des natürlichen Wasserhaushaltes vorgeschlagen (DWA Merkblatt A102/4). Um diese Annäherung zu messen wurde in AMAREX eine prozentuale Abweichung vom natürlichen Wasserhaushalt eines Parkes als ∆W definiert.
Das Wasserhaushaltsmodell ABIMO
ABIMO ist ein Wasserhaushaltsmodell der Bundesanstalt für Gewässerkunde und der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen (SenSBW). Es wurde im Rahmen von AMAREX weiterentwickelt und steht nun als frei verfügbares R-Paket über den KWB GitHub zur Verfügung. Das Modell erlaubt eine Berechnung für die Ist-Stadt, den natürlichen Zustand und die Abweichung ∆W. Zudem können die Effekte von BGI abgebildet werden, um die Planung zu unterstützen. Das Modell wurde im Projekt für die Städte Berlin und Köln angewendet:
Eine Anwendung für weitere Städte ist problemlos möglich, erfordert aber einige Schritte der Datenaufbereitung, in der Regel eine Kombination von Daten der Kommune oder des Bundeslandes mit Informationen aus Satellitenbildern. Ein Aufsetzen des Modelles kann durch das KWB unterstützt oder als Dienstleistung übernommen werden.
Anwendungen für Berlin
Die Berliner Ergebnisse stehen direkt als Karten auf dem Geoportal der SenSBW zur Verfügung (Fachkarten: Wasserhaushalt 2022). Dadurch kann der Indikator ∆W des Ist-Zustandes direkt für Planungsprozesse berücksichtigt werden.
Zudem wurde gemeinsam mit der Technologiestiftung Berlin das Modell in das prototypische AMAREX Webtool integriert. Der enthaltene Wasserhaushaltsrechner erlaubt ein spielerisches Beplanen von beliebigen Berliner Kulissen mit BGI und liefert live-berechnete Ergebnisse für den Wasserhaushalt. Es zeigt sich, dass das schlanke ABIMO-Modell problemlos in einer Webanwendung lauffähig ist, ohne Wartezeiten und Modellvorkenntnisse.
Aussagekraft der Abweichung vom natürlichen Wasserhaushalt
In AMAREX konnte zudem gezeigt werden, dass eine Verbesserung des ∆W tatsächlich eine Abmilderung der drei Klimaauswirkungen Hitzeinseln, Gewässerbelastung (durch Mischwasserüberläufe) und Überflutung zur Folge hat. Entsprechend macht eine Orientierung an einem natürlichen Wasserhaushalt für die strategische Grobplanung sehr viel Sinn. Die Korrelationen und die Sensitivitäten unterscheiden sich aber deutlich zwischen unterschiedlichen städtischen Gebieten, weshalb hier weiterer Forschungsbedarf gesehen wird. Insbesondere könnten ortsspezifische Referenzzustände (anstelle eines Parkes), abhängig von lokalen Zielstellungen, großes Potenzial haben.