Der 2. April markiert den ersten Arbeitstag von Dr.-Ing. Pascale Rouault als neue Geschäftsführerin der KWB Kompetenzzentrum Wasser Berlin gGmbH. Pascale ist dem KWB wohlbekannt, immerhin hat sie zwischen 2007 und 2022 hier gearbeitet, zuletzt als Abteilungsleiterin und Prokuristin. Die Mitarbeitenden des KWB heißen Pascale herzlich willkommen und freuen sich auf die Zusammenarbeit. Wir haben Pascale zu einem Gespräch getroffen, um ihr Gelegenheit zu geben, sich und ihre Ziele in ihrer neuen Position vorzustellen.
Liebe Pascale, was hat dich zur Wasserwirtschaft gebracht und was fasziniert dich daran?
Ich komme aus den französischen Alpen, wo das Wasser eine große Rolle für das Allgemeinwohl spielt, etwa für die Wasser- und Energieerzeugung oder die Bewässerung in der Landwirtschaft. Zugleich ist es auch Teil der Landschaft und wichtig für die Menschen, die am Wasser Erholung suchen. Zu viel Wasser oder dessen Knappheit kann gleichzeitig eine große Gefahr sein. Diese Vielfältigkeit und Komplexität des Wassers fand ich schon immer faszinierend. Mir war von Anfang an bewusst, dass Wasser nur Teil eines größeren Systems ist, dass es nur in Zusammenhang mit anderen Bereichen betrachtet werden kann. Dieser holistische Aspekt definiert bis heute meine Perspektive und Arbeit. Ich arbeite gerne an integrierten Themen, besonders auch mit Menschen, die anders denken oder handeln als ich es als Wasserwirtschaftlerin und Ingenieurin tue.
Ich habe zunächst Mathematik studiert, vielleicht nur, um zu zeigen, dass Frauen das auch können. Ich habe dann schnell gemerkt, dass für mich die Anwendung von Mathematik auf Fragen des Wassers am spannendsten war. Von da an gab es kein Halten mehr: Ich habe mich voll auf Wasserwirtschaft fokussiert. Dabei hatte ich schon früh das Glück, sowohl forschen als auch angewandt arbeiten zu können: Im Rahmen meiner ersten Beschäftigung in Deutschland durfte ich an der TU Berlin im Wasserbaulabor viele Modelle aufbauen und Experimente durchführen. Seit 2006 beschäftige ich mich hauptsächlich mit der Weiterentwicklung von Entwässerungssystemen und dem dazugehörigen Gewässerschutz im urbanen Bereich. Damals waren die Begriffe Schwammstadt oder wassersensible Stadtentwicklung noch nicht präsent. Heute wissen wir, wie wichtig die Maßnahmen, die sich hinter diesen Schlagworten verbergen, für die Klimaanpassung und für eine resiliente Infrastruktur sind.
Es gibt nichts Schöneres als in meinem direkten Umfeld zu forschen, die Stadt mitzugestalten und weiterzuentwickeln. Mich fasziniert die Anzahl an noch unbeantworteten Fragen und ich bin begeistert, integriert an Zukunftsthemen zu arbeiten und dabei vielen interessanten Menschen begegnen zu können.
Du hast bereits von 2007 bis 2022 am KWB gearbeitet, zuletzt als Abteilungsleiterin. Nach einer zweijährigen Beschäftigung bei HAMBURG WASSER als Leiterin Wasserwirtschaft und Quartiersentwicklung kehrst du nun als Geschäftsführerin zum KWB zurück. Was hat dich bewegt, zum KWB zurückzukehren und was macht das KWB so besonders?
Die zwei Jahre bei HAMBURG WASSER waren aus meiner Sicht leider viel zu kurz. Ich arbeitete mit einem wunderbaren Team und vielen weiteren Akteur:innen am Thema der wassersensiblen Stadtentwicklung. Ich hatte gerade genug Zeit zu säen, das heißt viele Kooperationen und Projekte zu starten und erste zarte Pflänzlein wachsen zu sehen. Es dauert aber einfach Monate, wenn nicht gar Jahre, bis die Projekte reife Früchte tragen. Ich werde die Entwicklung in Hamburg gespannt weiterverfolgen und dabei mit Freude auf die zwei sehr schönen Jahre zurückblicken.
Was mich bewegt hat, zum KWB zurückzukehren, war die einzigartige Möglichkeit, die Wasserwirtschaft in Berlin, Deutschland und Europa zu prägen, das KWB-Team weiterzuentwickeln und an noch breiteren Fragestellungen der Wasserwirtschaft zu arbeiten. Wir wissen, dass die Herausforderungen in der Wasserwirtschaft bei steigenden Anforderungen an die Nachhaltigkeit und zugleich begrenzten finanziellen Mitteln enorm sind. Zu ihrer Bewältigung möchte ich gerne einen Beitrag leisten. Und dazu ist das KWB der ideale Ort, denn es vereint viele besondere Vorzüge. In erster Linie sind es die Mitarbeitenden, die mit so großer Leidenschaft am urbanen Wasserkreislauf forschen. Außerdem ist es selten, dass so viele Menschen mit unterschiedlichen Kompetenzen zusammenkommen und gemeinsam über Jahre Erfahrung sammeln können, um multidisziplinär drängende Probleme zu lösen. An den Universitäten dürfen die Wissenschaftler:innen oft nur befristet arbeiten, der Kompetenzverlust ist ein ständiger Begleiter; diese Einschränkung hat das KWB nicht. Dass es sich um dezidiert angewandte Forschung handelt, macht das KWB ebenfalls besonders: Es wird Hand in Hand mit der Praxis gearbeitet und Forschungsergebnisse dadurch zielgerichtet direkt angewendet. Entsprechend gab und gibt es viele wunderbare Projekte mit sehr engagierten Partnerorganisationen, so natürlich auch mit unseren Gesellschaftern, den Berliner Wasserbetrieben und der Technologiestiftung Berlin. Die großartige Zusammenarbeit gilt es, zu erhalten und auszubauen. Und dann ist da noch der Status des KWB als gemeinnützige GmbH und das Teilen unserer Forschungsergebnisse mit einer breiten Öffentlichkeit zum Wohle Aller – eine besondere und erfüllende Aufgabe.
Das KWB hat einen langen Weg hinter sich, um sein Profil zu finden, was ganz normal für eine Forschungseinrichtung ist. Heute hat sich das KWB lokal, national und international als ein anerkanntes unabhängiges Forschungsinstitut etabliert. Es macht mich stolz, dass ich das KWB leiten darf und ich freue mich sehr über das mir entgegenbrachte Vertrauen.
Was sind die größten Herausforderungen im Bereich Wasser in Berlin, in Deutschland und auch in ganz Europa? Welche Rolle spielt das KWB bei ihrer Bewältigung?
Hier würde ich mir gern eine Aufzählung erlauben (und zugleich sicher nicht alle benennen können). Die meisten gelten sowohl für Berlin und Deutschland als auch für ganz Europa:
die alternde Infrastruktur
die alternde Bevölkerung
der Fachkräftemangel
die Ressourcenbegrenzung
die Veränderung der Rahmenbedingungen (Klimawandel, Bevölkerungszuwachs, Urbanisierung, Gesetze etc.) mit vielfältigen Folgen wie Wasserknappheit, Extremwetterereignisse (z.B. Starkregen), erhöhter Energiebedarf oder Bedarf an neuen Technologien und/oder Prozessen
der Umgang mit und die Chancen und Risiken von neuen Technologien (z.B. KI)
Das KWB gibt Antworten auf viele wasserbezogene Fragen und ermöglicht, Know-how, Technologien, Tools, Modelle und Strategien zu entwickeln und zu bewerten. Dies ist ein wichtiger erster Schritt für die Bewältigung der Herausforderungen im Wasserbereich. Mit unseren Forschungsergebnissen sind wir beratend tätig - am Ende müssen natürlich andere entscheiden. Gemeint sind die Verantwortlichen in der Wasserwirtschaft, also die Politik, die Verwaltung und die Versorgungs- und Entwässerungsbetriebe, die allerdings durch unsere wissenschaftliche Arbeit bessere, weil informierte Entscheidungen treffen können.
Was sind deine Ziele als KWB-Geschäftsführerin? Wohin möchtest du das KWB führen?
Als KWB-Geschäftsführerin möchte ich, dass sich die Mitarbeitenden an ihrem Arbeitsplatz wohl fühlen, ihre Potenziale entfalten können und ideale Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Arbeit vorfinden. Ich möchte auch, dass das KWB an relevanten Fragen arbeitet und seine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Herausforderungen im Wasserbereich mit Verantwortung trägt und weiter ausbaut. Mein Ziel ist, dass das KWB sein bereits hohes wissenschaftliches Ansehen weiter steigert, dass aktuelle Kooperationen weiter mit Leben gefüllt werden und zugleich neue entstehen.
Am Ende kann das KWB nur weiterhin so gute Ergebnisse liefern, wenn auch die Finanzen stimmen. Es ist kein Geheimnis, dass ein ausgeglichenes Budget in der Forschungslandschaft eine besondere Herausforderung ist. Ich möchte das KWB zu einer finanziellen Stabilität führen.
Hast du auch eine besondere Beziehung zum Wasser jenseits deines Berufs?
Ich mag das Wasser in vielen Formen. Ich segele und schwimme sehr gerne. Dafür sind Berlin und sein Umfeld einfach perfekt!
Ich habe auch eine kleine Wasseranekdote: Als junge Mutter ließ ich das Trinkwasser der Kita meiner Tochter in Berlin analysieren, da sonst nur gesüßter Tee mit der Begründung angeboten wurde, das Wasser könne Schwermetalle enthalten. Nachdem die Ergebnisse der Analyse die hervorragende Qualität des Wassers belegten, hieß es: „Gute Nachrichten: Das Wasser kann bedenkenfrei gekocht und für unseren Tee verwendet werden.“ Das Ergebnis: Ich durfte 3 weitere Jahre Wasserflaschen in die Kita schleppen. An diesem Beispiel kann man ablesen, wie wichtig die breite Aufklärung auch im Alltag in Bezug auf Wasser ist. Und auch wenn in diesem Fall, die hohe Qualität unseres Leitungswassers wieder einmal bewiesen wurde, ist es zugleich wichtig, zu verstehen, dass Wasser eine fragile und vulnerable Ressource ist, die wir schützen müssen.