Digitalisierung in der Wasserwirtschaft – ein neuer Digitalisierungsindex zeigt, dass die Branche unerwartet gut aufgestellt ist
„1. HRW-Digitalisierungsindex für die Wasserwirtschaft (2021)“, Prof. Dr. Mark Oelmann, Christoph Czichy, Eva-Maria Inderelst, Hochschule Ruhr West, Mülheim an der Ruhr, 1. Auflage.
Im Januar 2021 hat die Hochschule Ruhr West mit Prof. Dr. Mark Oelmann, Leiter des dortigen Instituts für Wasser- und Energieökonomik, eine Studie zum Digitalisierungsgrad der deutschen Wasserwirtschaft vorgelegt. Die auf umfangreichen Interviewauswertungen per Branchenbefragung aufbauende Studie liefert detaillierte Einblicke in den Stand des digitalen Status quo. Der Fokus liegt auf der Wasserversorgung. (Ergebnisse aus der Abwasserentsorgung liegen ebenfalls vor, haben aber laut Angaben der Autor*innen wegen der geringeren Zahl an Interviewten keine umfängliche Repräsentativität.
Die Ziele des Digitalisierungsindex sind zum einen, einen branchenspezifischen Orientierungsmaßstab in der digitalen Entwicklung zu schaffen. Zum anderen soll der Index Unternehmen unterstützen, sich mit dem Thema strukturiert auseinanderzusetzen und Voraussetzung schaffen, sich zu vergleichen. Außerdem erfüllt der Index auch eine „Schaufenster-Funktion“: Er dokumentiert die Vielfalt der Ansätze, die die Branche verfolgt, und zeigt damit politischen Entscheidungsträger*innen, Aufsichtsorganen, (Umwelt-)Verbänden und Behörden, dass die Wasserwirtschaft das Potential der Digitalisierung nutzt, um aktuelle Herausforderungen effizient zu bewältigen.
Diese Ziele werden aus unserer Sicht mit der sehr detaillierten und anschaulich illustrierten Studie voll und ganz erreicht. Für das KWB als Forschungseinrichtung besonders interessant und aufschlussreich sind die Aussagen zur Sicherstellung der Datenqualität. Laut Studie ist den Wasserversorgern die Bedeutung der Datenqualität für die digitale Entwicklung sehr bewusst. In einem „Denkanstoß für Unternehmen“ wird darauf hingewiesen, dass die Sicherstellung der Datenqualität ein bedeutender Baustein im Zuge der digitalen Entwicklung ist.
Zitat: „Eine intensive Auseinandersetzung mit dieser Thematik zeigt, dass dies vor allem durch zwei Aspekte erschwert wird: Zum einen führt die steigende Datenmenge in vielen Bereichen in Kombination mit einer zunehmend angestrebten Echtzeit-Verfügbarkeit schlicht zu Kapazitätsproblemen – sowohl personell (Data Scientists mit wasserwirtschaftlicher Expertise sind rar gesät!) als auch in Bezug auf die IT-Infrastruktur. Zum anderen weisen relevante Datenspuren mitunter große Unterschiede auf und es besteht die Notwendigkeit, Betriebsanomalien von Messfehlern zu unterscheiden und Daten automatisiert zu reparieren – die Datenplausibilisierung erweist sich daher in der Regel als hochkomplexe Aufgabe.“
Diese Einschätzung können wir voll und ganz unterstreichen und bestätigt uns darin, den Blick auf diese Themen weiter zu intensivieren. Die Beschäftigung mit den genannten Herausforderungen ist das tägliche Brot unserer Data Scientists beispielsweise bei der Erstellung von Alterungsprognosen von Kanalnetzen mit dem SEMA-Tool, aber auch bei der tagesgenauen Vorhersage der Badegewässerqualität in Fließgewässern auf der Grundlage von OpenData. Im EU-Vorhaben Digital-Water.City sollen solche Vorhersagen die Schwimmwettbewerbe der Olympischen Spiele in Paris 2024 in Paris sicherstellen.